Die Psychotherapeutenkammer Schleswig-Holstein hat entsprechend ihrer gesetzlichen Pflichtaufgabe seit dem 13.06.2005 eine Berufsordnung.
Sie enthält die berufsrechtlichen Regelungen und ist für alle Kammermitglieder bindend. Psychotherapeut*innen sind also verpflichtet, sich bei der Ausübung ihres Berufes an diese Regelungen zu halten.
Was können Patient*innen tun, wenn sie sich von Psychotherapeut*innen nicht gut behandelt fühlen?
Der Vorstand der Psychotherapeutenkammer hat die Aufgabe, die Einhaltung der berufsrechtlichen Regeln zu überwachen. PatientInnen (oder auch andere wie Krankenkassen, Kolleg*innen,…) können sich deshalb mit Beschwerden direkt an die Kammer wenden. Die Kammer ist dazu verpflichtet, eingehenden Beschwerden nachzugehen.
Derartige Beschwerden sollten möglichst schriftlich bei der Geschäftsstelle der Kammer eingereicht werden, der Sachverhalt kann aber auch in der Geschäftsstelle persönlich geschildert und dort zu Protokoll genommen werden.
Um tätig werden zu können, benötigt die Kammer möglichst präzise Angaben über das beschwerte Mitglied und das ihm vorgeworfene Verhalten. Ohne Angabe des betroffenen Kammermitglieds ist es dem Vorstand nicht möglich, Ermittlungen aufzunehmen.
Grundsätzlich kann der Beschwerdeführer zwar anonym bleiben. Ist er jedoch zugleich betroffener Patient, ist eine Ermittlung des relevanten Sachverhaltes oder die Beweisbarkeit des Sachverhaltes in einem berufsrechtlichen Verfahren in fast allen Fällen ausgeschlossen.
Manchmal sind sich Patient*innen unsicher, ob sie eine Beschwerde einlegen sollen. Die Kammer empfiehlt, sich von einem
Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein beraten zu lassen. Hier geht es zur Internetseite….
Kosten entstehen PatientInnen, die sich mit Beschwerden an die Kammer wenden nicht. Das gilt nicht für persönliche Kosten wie z. B. Telefon, Porto oder einen vom Beschwerdeführer eingeschalteten Rechtsanwalt.
Liegt der Kammer eine Beschwerde vor, in der der Verdacht eines berufsrechtlichen Verstoßes begründet ist, wird zunächst – wie in jedem rechtlichen Verfahren – dem beschwerten Mitglied Gelegenheit gegeben, sich zu den Vorwürfen schriftlich zu äußern. Wichtig: Die Kammer ist nur für berufsrechtliche Angelegenheiten zuständig. Bei zivilrechtlichen Fragestellungen kann sie mit Zustimmung aller Beteiligten ein Schlichtungsverfahren durchführen, strafrechtlich relevante Vorwürfe gibt die Kammer immer an die Staatsanwaltschaft ab.
Nach Eingang der Stellungnahme hat der Vorstand folgende Möglichkeiten:
- Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt, da ein Verstoß gegen die Berufsordnung nicht gegeben ist.
- Liegt ein Verstoß gegen die Berufsordnung vor und wird dieser als nur geringfügig eingestuft, wird dem Kammermitglied angeboten, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage, die dann ggf. an eine gemeinnützige Institution zu zahlen ist, einzustellen.
- Stimmt das Kammermitglied einer Einstellung nicht zu oder ist der Sachverhalt von vornherein nicht als geringfügig einzustufen, sieht das Heilberufekammergesetz die Einschaltung eines Untersuchungsführers vor.
- Der Untersuchungsführer wird auch dann eingeschaltet, wenn nach Eingang der Stellungnahme der Sachverhalt unklar geblieben ist und ein weiterer Ermittlungsbedarf besteht.
Was ist ein Untersuchungsführer?
Untersuchungsführer sind Juristen mit Befähigung zum Richteramt, die für die Kammern Ermittlungsaufgaben wahrnehmen. Die Kammer tut dies also nicht selbst. Der Untersuchungsführer kann Beweise erheben, in dem er Zeugen vernimmt, Sachverständige beauftragt oder Auskünfte von Behörden einholt.
Hat der Untersuchungsführer den Sachverhalt auf diese Weise umfassend festgestellt, erstellt er einen Schlussbericht und schlägt der Kammer vor, wie weiter verfahren werden soll.
Grundsätzlich bestehen an dieser Stelle dann dieselben Möglichkeiten wie oben beschrieben das Verfahren abzuschließen, sofern entweder kein berufsrechtlicher Verstoß festgestellt wurde oder dieser als geringfügig zu werten ist.
Lässt sich bei geringfügigen Verstößen keine Einigkeit mit dem beschwerten Mitglied erzielen oder ist der Vorwurf als gravierend zu werten, ist die Kammer verpflichtet Anklage beim Berufsgericht zu erheben.
Wie läuft das berufsgerichtliche Verfahren ab?
Das Berufsgericht hat seinen Sitz am Verwaltungsgericht in Schleswig und ist durch einen Berufsrichter sowie zwei Kammermitglieder als Beisitzer besetzt. Nach Eingang der Klageschrift wird diese dem Kammermitglied förmlich zugestellt mit der Aufforderung, hierzu Stellung zu nehmen.
Bei leichtem Berufsvergehen kann das Berufsgericht durch Beschluss entscheiden. Dabei ist ein Verweis oder eine Geldbuße bis zu 2.500,00 € möglich.
In schwerwiegenden Fällen kommt es zu einer mündlichen Verhandlung. Dabei wird der angeklagte Sachverhalt erörtert, das betroffene Kammermitglied kann sich persönlich zu Wort melden, ggf. werden Zeugen oder Sachverständige gehört.
Am Schluss der mündlichen Verhandlung hat das Berufsgericht durch Urteil zu entscheiden.
Im Falle einer Verurteilung kann das Berufsgericht einen Verweis oder eine Geldbuße bis zu 50.000,00 € verhängen. In drastischen Fällen oder in Wiederholungsfällen ist es dem Berufsgericht auch möglich, das passive Berufswahlrecht für die Dauer von zehn Jahren abzuerkennen.
Sowohl die Kammer als auch das Mitglied können gegen die Entscheidung des Berufsgerichtes Berufung zum Berufsgerichtshof einlegen. Dort wird dann ohne weiteres Rechtsmittel nach denselben Grundsätzen wie in der ersten Instanz entschieden.
Abschließend einige Hinweise:
Nicht jedes Verhalten eines Kammermitgliedes, das als unangemessen erlebt wird, stellt einen Verstoß gegen die Berufsordnung dar. So kann die Kommunikation zwischen den Beteiligten einfach nur unglücklich verlaufen, ohne dass diese von PatientInnen als belastend wahrgenommene Situation eine berufsrechtliche Verfolgung durch die Kammer rechtfertigt. Sowohl der Vorstand als auch der Untersuchungsführer haben die Aufgabe, nur solche Sachverhalte zu verfolgen, die den von der Berufsordnung vorgegebenen Standard unterschreiten.
Patient*innen, die eine Beschwerde eingelegt haben, erhalten bei jedem Abschluss des Verfahrens eine schriftliche Nachricht, mit der über den Ausgang des Verfahrens informiert wird. Dabei wird mitgeteilt, ob das Verfahren eingestellt worden ist oder es zu berufsrechtlichen Konsequenzen kam.