Information für Studierende

Psychotherapieausbildung – Wie werde ich Psychotherapeut*in?

Mit Wirkung zum 1. September 2020 trat das Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung in Kraft. Damit verbunden sind grundsätzliche Änderungen auf dem Weg zur staatlichen Anerkennung als Psychotherapeut*in und zur sozialrechtlichen Zulassung als Fachpsychotherapeut*in. Wer künftig in eigener Praxis für gesetzlich Krankenversicherte oder in einem Krankenhaus eigenverantwortlich als Psychotherapeut*in arbeiten möchte, muss dafür zunächst ein speziell ausgerichtetes Studium abschließen und danach eine fünfjährige Weiterbildung absolvieren.

Zum Hintergrund:

Die Gründe für die Notwendigkeit einer Ausbildungsreform waren vielfältig. Einer der ausschlaggebenden Aspekte war sicherlich die zunehmend kritisierte prekäre Lage der der Ausbildungsteilnehmer*innen (PiA), die bislang ohne Anspruch auf Vergütung nach ihrem Hochschulstudium in den Kliniken und Praxen im Rahmen ihrer praktischen Ausbildung („Psychiatriejahr“) psychotherapeutisch tätig waren. Ein weiterer Grund für die Neuausrichtung des Psychotherapeutengesetzes war die Umstrukturierung der akademischen Ausbildung in Bachelor- und Masterstudiengänge. Die Idee der Bologna-Reform war die europäische Angleichung von Studiengängen und -abschlüssen. Die bisherigen Studienabschlüsse als Voraussetzungen für die Psychotherapie-Ausbildung fielen damit weg. So befähigte nun in einigen Bundesländern bereits ein Bachelorabschluss zur Aufnahme einer Ausbildung in Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Aufgrund des Wegfalls der inhaltlichen Standards der Studiengänge (keine bundesweit geltenden Rahmenstudienordnungen) war nunmehr unklar, welche Kompetenzen im Psychologiestudium vermittelt werden müssen, um eine Therapieausbildung beginnen zu können. Die Regierung erhörte die lauter werdenden Forderungen der Psychotherapeutenschaft und somit die Zeichen der Zeit. In enger Zusammenarbeit mit der Bundespsychotherapeutenkammer wurde das Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung auf den Weg gebracht (Quelle: Bundespsychotherapeutenkammer).

So wichtig die Reform ist, sie bringt nun ein hohes Maß an Anpassungen und Änderungen mit sich, die zum einen die an einer Psychotherapieausbildung Interessierten betreffen, die noch vor der Entscheidung für ein Studium stehen, zum anderen aber auch Personen, die bereits in einem Studiengang eingeschrieben sind oder gerade erst ihr Studium beendet haben. An dieser Stelle möchten wir als Kammer unserer Informationspflicht für angehende Mitglieder nachkommen und die neuen Möglichkeiten der Ausbildung zum/zur Psychotherapeutin bzw. zur Weiterbildung zum/zur Fachpsychotherapeut*in aufzeigen.

Was ist neu?

Die Ausbildung heißt nun Weiterbildung. Um die Weiterbildung zur/zum Fachpsychotherapeut*in beginnen zu können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Studium der Psychotherapie: dreijähriges Bachelorstudium (polyvalenter B. Sc. Psychologie) und zweijähriges Masterstudium (M. Sc. Klinische Psychologie und Psychotherapie). Bei der Wahl der Studiengänge ist zu beachten, dass sie der Approbationsordnung für Psychotherapeut*innen entsprechen. Die meisten Universitäten haben ihre bisherigen psychologischen Studiengänge bereits an die neuen Gegebenheiten angepasst, bzw. neue Studiengänge etabliert. Eine Übersicht mit Universitäten, die entsprechende Abschlüsse anbieten, finden Sie unter https://fakultaetentag-psychologie.de/standorte-studium-und-forschung/; auf der Seite des Akkreditierungsrates finden Sie außerdem eine ständig aktualisierte Datenbank mit akkreditierten Studiengängen https://www.akkreditierungsrat.de/de
  • Staatliche Prüfung
  • Staatliche Erlaubnis, selbstständig und eigenverantwortlich als „Psychotherapeut*in“ arbeiten zu können (Approbation)

Die Approbationsprüfung findet nun bereits unmittelbar nach dem Studium statt. Das Studium ist praxisorientierter und befähigt zur Berufsausübung. Dies bedeutet, dass man nach erfolgreicher Approbationsprüfung im Rahmen der im Studium erworbenen Kompetenzen tätig sein darf. Um jedoch den Fachkundenachweis, der die Qualifikation in einem anerkannten Psychotherapie-Verfahren beinhaltet, zu erhalten, ist eine an die Approbation anschließende Weiterbildung notwendig. Mit dem Fachkundenachweis können sich Psychotherapeut*innen dann in das Arztregister eintragen lassen und sind damit zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung berechtigt. Sie können also ihre Leistungen mit gesetzlichen Krankenkassen abrechnen. Somit entspricht der neue Ausbildungsweg dem von (Fach-)Ärzt*innen.

Mit der Weiterbildung erfolgt eine Qualifikation als „Fachpsychotherapeut*in für Erwachsene“ oder als „Fachpsychotherapeut*in für Kinder und Jugendliche“. Mit diesem Abschluss kann die gesamte Breite der psychischen Erkrankungen entsprechend des Diagnosespektrums F 1 bis F 9 im ICD-10 behandelt werden. Als dritte Qualifizierungsmöglichkeit ist die/der „Fachpsychotherapeut*in für Neuropsychologische Psychotherapie“ (Behandlung von Patient*innen mit Hirnverletzungen und -erkrankungen entsprechend der Diagnosen F 0 im ICD-10) zu nennen. In diesen drei Gebieten kann also künftig der Fachkundenachweis erbracht werden.

Aufgrund der Befähigung zur Berufsausübung (Approbation) direkt nach dem Studium besteht künftig ab Beginn der Weiterbildungsphase ein Anspruch auf angemessene Bezahlung. „Psychotherapeut*innen in Weiterbildung“ (PtW) arbeiten hauptberuflich und sind sozialversichert. In der Weiterbildung müssen keine Praktika absolviert werden; der Fokus besteht in einer Vertiefung und Erweiterung der im Studium erworbenen beruflichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten.

Zukünftig regeln die Landespsychotherapeutenkammern die Weiterbildung im Einzelnen. Sie sind die berufliche Selbstverwaltung der Psychotherapeut*innen. Sie legen nicht nur die Details der Weiterbildung fest, sondern entscheiden zum Beispiel auch über die Regeln zur Berufsausübung („Berufsordnung“). Sie vertreten des Weiteren die Interessen der Psychotherapeut*innen in Politik und Öffentlichkeit. Mit Erhalt der Approbation sind Psychotherapeut*innen verpflichtet, Mitglied einer Landespsychotherapeutenkammer zu werden.

Stichtag für die Neuerungen ist der 1. September 2020, der Tag, an dem das Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung in Kraft getreten ist.

Es ist eine Übergangszeit vorgesehen, in der je nach persönlicher Situation verschiedene Zugänge zum Beruf Psychotherapeut*in möglich sind. Diese möchten wir Ihnen im Folgenden genauer beschreiben.

Berufszugang nach dem Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung (ab 1. September 2020)

Wer kann nach dem reformierten Psychotherapeutengesetz die Weiterbildung beginnen?

  • Alle Studierenden, die ab dem 1. September 2020 ein Studium wie oben beschrieben begonnen und die Approbation als Psychotherapeut*in erhalten haben
  • Bachelorabsolvent*innen, die sich aktuell im Studiengang Psychologie befinden, der nicht der neuen Approbationsordnung für Psychotherapeut*innen entspricht, können ggfs. an der Universität Nachqualifizierungsangebote in Anspruch nehmen, die sie dazu befähigen, den neuen Masterstudiengang Klinische Psychologie und Psychotherapie zu absolvieren. Sie können dann nach bestandener Approbationsprüfung die neue Weiterbildung beginnen. Diese Möglichkeit ist bei der jeweiligen Universität zu erfragen.

Beginn der Weiterbildung

Um die neue Weiterbildung beginnen zu können, müssen die Psychotherapeut*innen mit einer „Weiterbildungsstätte“ einen Arbeitsvertrag abschließen. Diese Weiterbildungsstätte muss von einer Landespsychotherapeutenkammer zugelassen sein. Erste Weiterbildungsstätten werden voraussichtlich ab Anfang 2023 anerkannt werden. Wichtigste Ansprechpartner*innen für die „Psychotherapeut*innen in Weiterbildung“ sind die an der Weiterbildungsstätte beschäftigten Weiterbildungsbefugten, die die Verantwortung für die Weiterbildung haben.

Dauer

Die Dauer der Weiterbildung beträgt mindestens fünf Jahre, davon mindestens zwei Jahre in der ambulanten und zwei Jahre in der stationären sowie wahlweise ein Jahr in der institutionellen Versorgung[1].

Wer künftig als „Fachpsychotherapeut*in für Neuropsychologische Psychotherapie“ arbeiten möchte, muss mindestens zwei Jahre in der ambulanten Versorgung, ein Jahr in stationären oder teilstationären Einrichtungen sowie mindestens zwölf Monate in multidisziplinär arbeitenden Einrichtungen tätig gewesen sein.

Vollzeit oder Teilzeit

Die Weiterbildung muss grundsätzlich den überwiegenden Teil der Arbeitszeit beanspruchen. Sie kann auch in Teilzeit absolviert werden. Dadurch ist es möglich, zum Beispiel gleichzeitig an einer ambulanten oder einer stationären Weiterbildungsstätte beschäftigt zu sein oder Familien- und Sorgearbeit zu leisten.

Schwangerschaft, Elternzeit oder Sonderurlaub

Muss die Weiterbildung, zum Beispiel aufgrund von Krankheit, Schwangerschaft, Elternzeit oder Sonderurlaub unterbrochen werden und dauert diese Unterbrechung länger als sechs Wochen innerhalb von zwölf Monaten im Kalenderjahr, kann diese Zeit nicht auf die Weiterbildungszeit angerechnet werden. Sie muss also nachgeholt werden.

Anstellungsvertrag

Psychotherapeut*innen in Weiterbildung erhalten einen Anstellungsvertrag und sind damit sozialversichert. Als Angehörige eines approbierten Heilberufs haben sie einen Anspruch auf ein angemessenes Gehalt. Theorievermittlung, Supervision und Selbsterfahrung sind notwendige Bestandteile der hauptberuflichen Tätigkeit und gehören deshalb zur bezahlten Arbeitszeit.

Tätigkeitsbereiche

Die Weiterbildung erfolgt in verschiedenen Tätigkeitsbereichen von Psychotherapeut*innen: zum Beispiel in einer Praxis oder Ambulanz, einem psychiatrischen oder psychosomatischen Krankenhaus oder auch in anderen Einrichtungen, in denen Psychotherapeut*innen tätig sind („institutionelle Versorgung“). Dadurch sollen die Psychotherapeut*innen in Weiterbildung das gesamte Spektrum des Berufs kennenlernen.

Psychotherapeutische Verfahren

Wer als „Fachpsychotherapeut*in für Erwachsene“ oder als „Fachpsychotherapeut*in für Kinder und Jugendliche“ arbeiten will, muss mindestens eines der vier wissenschaftlich anerkannten Psychotherapieverfahren erlernen. Dazu gehören die Analytische Psychotherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Systemische Therapie und Verhaltenstherapie. Nur diese Verfahren können mit den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden.

Die Weiterbildung in Neuropsychologischer Psychotherapie beinhaltet keine Qualifizierung in einem Psychotherapieverfahren, sondern den Kompetenzerwerb in spezifischen neuropsychologischen Fachkenntnissen und Handlungskompetenzen sowie in ausgewählten Methoden und Techniken der wissenschaftlich anerkannten Psychotherapieverfahren.

Weitere Spezialisierung in Bereichen

Neben der grundsätzlichen Qualifizierung für die Behandlung von Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen oder für die Neuropsychologische Psychotherapie können sich künftige Psychotherapeut*innen weiter spezialisieren, zum Beispiel in Psychotherapie bei Diabetes, in Schmerzpsychotherapie oder in Sozialmedizin. Mit dieser Spezialisierung kann schon während der Weiterbildung in einem Fachgebiet begonnen werden.

Weiterbildung im Ausland

Weiterbildungen können ganz oder teilweise auch im Ausland absolviert und in Deutschland anerkannt werden. Die Voraussetzungen dafür regeln die Landespsychotherapeutenkammern.

Abschluss der Weiterbildung

  • Abschlussprüfung: Für die Prüfung müssen alle gelernten Weiterbildungsinhalte und absolvierten Weiterbildungszeiten in einem „Logbuch“ dokumentiert sein und durch Zeugnisse und Nachweise belegt sein. Die Prüfung erfolgt auf Antrag bei einer Landespsychotherapeutenkammer. Sie ist mündlich und dauert mindestens 30 Minuten.
  • Anerkennung der Bezeichnung „Fachpsychotherapeut*in“ durch eine Landespsychotherapeutenkammer: Die Kammer stellt über eine erfolgreiche Weiterbildung eine Urkunde aus. Diese dient als Nachweis zum Beispiel für den Eintrag in das Arztregister.

Der Eintrag in das Arztregister berechtigt dazu, Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung zu behandeln. Voraussetzung für eine vertragspsychotherapeutische Tätigkeit ist ein Kassensitz oder die Anstellung in einer zugelassenen Praxis bzw. einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ).

Rechtliche Grundlagen

Die Bundesländer legen die rechtlichen Grundlagen der Weiterbildung in ihren Heilberufe-Kammergesetzen fest. Auf dieser Grundlage beschließen die Landespsychotherapeutenkammern „Weiterbildungsordnungen“. Um bundesweit eine einheitliche Weiterbildung zu gewährleisten, beschließt der „Deutsche Psychotherapeutentag“ eine „Muster-Weiterbildungsordnung“.

Berufszugang nach „altem“ Recht (Psychotherapeutengesetz gültig bis 31. August 2020)

Bis zum 1. September 2020 war es möglich, mit einem Diplom-Studium oder Masterstudium in Psychologie Zugang zur Ausbildung zum/zur „Psychologischen Psychotherapeut*in und die entsprechende Approbation zu erhalten. Die Ausbildung zur/zum „Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*in“ (KJP) konnten auch Absolvent*innen der Studiengänge Sozialpädagogik oder Sozialer Arbeit und Pädagogik absolvieren.

Die studiengangsbezogenen Voraussetzungen für die Ausbildung nach altem Recht lauten folgendermaßen:

  • Diplom oder Bachelor- und Masterabschluss im Studiengang Psychologie. Der Master-Studiengang (mind. 120 ECTS) muss das Fach „Klinische Psychologie“ beinhalten. Dieser Abschluss ermöglicht die Ausbildung und Approbation als PP bzw. KJP.
  • Diplom oder Masterabschluss im Studiengang Sozialpädagogik oder Soziale Arbeit oder Pädagogik. Dieser Abschluss ermöglicht die Ausbildung und Approbation als KJP.

Personen, die einen der o. g. Studiengänge absolviert haben oder noch besuchen, können u. U. im Rahmen einer gesetzlichen Übergangszeit noch die „alte“ Ausbildung PP/KJP besuchen. Die Übergangszeit gilt bis 2032, in Härtefällen bis 2035; d. h. die Ausbildung nach altem Recht muss bis 2032/2035 abgeschlossen sein.

Es wird empfohlen, zügig das Gespräch mit den Ausbildungsstätten zu suchen, da nicht gewährleistet werden kann, dass alle Ausbildungsstätten noch bis zum Ende der Übergangsfrist ausreichend Ausbildungsplätze vorhalten können.

Detaillierte Informationen zur Ausbildung nach altem Recht finden Sie hier [https://dev.ptk-hamburg.de/piap-ausbildung/].

Wer kann nach dem 1. September 2020 noch nach altem Recht Psychotherapeut*in werden (Übergangsrecht)?

  • Personen, die vor dem 1. September 2020 ein Diplom-, Bachelor- und Masterstudium in Psychologie begonnen oder abgeschlossen haben, welches den Anforderungen der PP/KJP-Ausbildung entspricht; Ausbildungsziel: PP bzw. KJP, Approbation

Da sich aktuell die Musterweiterbildungsordnung der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) in Hamburg zur Anpassung an das Hamburgische Kammergesetz für die Heilberufe befindet, können sich zeitnah Änderungen ergeben. Die Informationen zur neuen Weiterbildung werden entsprechend laufend angepasst.

[1] Zur „institutionellen Versorgung“ gehören u.a. die Jugendhilfe, die Organmedizin, die somatische Rehabilitation, der Justizvollzug, die Suchthilfe, die Behindertenhilfe, die Sozialpsychiatrie, die Sozialpädiatrie, die Gemeindepsychiatrie, der öffentliche Gesundheitsdienst sowie psychosoziale Fachberatungsstellen und -dienste.